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Businessplan ade? Über Sinn und Unsinn von Businessplänen.

Energie-& Personalkosten, gestiegene Zinsen, Katerstimmung am Immobilien- und Wohnmobilmarkt: Welche Aussagekraft hat ein Businessplan von vor 3 Jahren noch?

Zweieinhalb Jahre ist es bald her, dass mein Buch CAMPRENEUR erschienen ist. Vor etwa drei Jahren hatte ich die Idee, dieses Buch zu schreiben. Auslöser war nicht unbedingt die Lust dazu, Monate lang alleine vor dem Computer zu sitzen und eine Art Doktorarbeit zu schreiben, sondern die vielen Fragen anderer Menschen, die den gleichen Traum wie ich hatten: Einen eigenen Campingplatz zu betreiben. Da ich mich mit dieser Angelegenheit seit 2015 beschäftige und einiges an Wissen und Erfahrungen gesammelt hatte, wollte ich mein mühsam angeeignetes Wissen mit denjenigen teilen, die noch ganz am Anfang stehen.

Krasse Bedingungen für Unternehmer*innen und Gründer*innen in der Campingbranche

Dass sich das Marktumfeld in relativ kurzer Zeit ziemlich krass verändert hat, ist uns allen klar und darüber wird in sämtlichen Medien ausreichend berichtet. Zu nennen sind insbesondere: 

  • gestiegene Energiekosten
  • gestiegene Personalkosten

  • gestiegene Zinsen

  • Anzeichen von Katerstimmung am Immobilienmarkt

  • Einbruch bei den Absatzzahlen bei Wohnmobilen und Kastenwägen

Campingmobilmarkt als Thema bei Anlegern

Bei YouTube gibt es einige gut recherchierte Berichte und Statistiken zur Lage am Campingmobilmarkt. Selbst Dirk Müller alias „Mr. Dax“ war mir bis vor kurzem nur in Zusammenhang mit der Börse, dem Kapitalmarkt und konventionellen Anlageklassen wie Immobilien bekannt. Vor kurzem kam von ihm eine Analyse und Prognose zum Campingmobilmarkt. Dass sich sogar die „Börsenonkel“ mit dem Thema Camping beschäftigen ist für mich ziemlich neu. Ende 2021 habe ich im Blogartikel „Campingboom – Weiteres Wachstum oder ist der Peak erreicht?“ die entsprechende Frage gestellt. Ich denke, Ihr könnt und sollt die Frage für Euch selbst beantworten.  

Rückblick: Welche Inhalte vom Buch CAMPRENEUR sind noch aktuell und welche nicht?

Zurück zu den Rückblicken: Was ist an meinem Buch immer noch aktuell und was hat sich in den letzten Jahren geändert? Ich habe festgestellt, dass es im Buch viele „Evergreen-Inhalte“ gibt. Natürlich würde ich jetzt vielleicht einiges anders beschreiben, manche Prioritäten anders setzen und habe mittlerweile auch viel Neues in Sachen Grafik und Layout gelernt. Es bleibt aber nach wie vor dabei, dass ein gutes Unternehmens- und Marketingkonzept die Basis darstellt, unser Baurecht nach wie vor kompliziert und schleierhaft ist und wohl auch bleiben wird, Personalmanagement eine Herausforderung ist, die Digitalisierung und KI voranschreiten und es ein unzertrennliches Band zwischen Nachfrage der Gäste und Wetterprognosen gibt.

 

Das, was sich vollkommen geändert hat, sind die Dinge, in denen Zahlen ins Spiel kommen. Die beispielhaften Kalkulationen und Rentabilitätsrechnungen, die ich im Buch vorgestellt habe, passen vorne und hinten nicht mehr, ebenso die Löhne und Verdienstgrenzen in den jeweiligen Arbeitsmodellen für Aushilfskräfte.      

Über Sinn und Unsinn von Businessplänen

Im Buch „Kopf schlägt Kapital „ schreibt der Autor Günter Faltin über den Sinn und Unsinn von Businessplänen. Er vergleicht die 3-Jahres-Projektionen in Businessplänen, in denen Angaben über Umsatz, Gewinn und Finanzierung im Verlauf der drei Jahre gemacht werden sollen, mit der Vorhersage des Spielstandes eines Fußballspiels in der 57. Minute. Eine verlässliche Vorhersage des Spielstandes beim Fußballspiel zu einem bestimmten Zeitpunkt zu tätigen scheint absurd. Eine ansatzweise verlässliche Kalkulation für ein Business in einem sich ständig verändernden Marktumfeld scheint hingegen vernünftig. 

 

Im Vergleich zu einer unternehmerischen Planung sind die Regeln beim Fußball klar definiert: Die Anzahl der Spieler sowie das Spielfeld sind bekannt. Die Regeln sind ebenfalls bekannt und werden sich im Verlauf des Spieles auch nicht ändern.

  

Dieses Buch ist 2018 erschienen und zeigt mir mehr denn je, dass die Zukunft nicht planbar oder vorhersehbar ist. Worum es bei Businessplänen und vielen anderen Dingen im Leben geht, ist wohl eher das Verstehen von Prinzipien und Zusammenhängen sowie das Kalkulieren mit Mengen und Werten. 

Vom Hotelier in Spe, der jetzt ein Angestellter im Niedriglohnsektor ist

Wenn Du die letzten Blogartikel der Rubrik „Rückblicke und Ausblicke“ gelesen hast, weißt Du, dass ich momentan (noch) in der Hotellerie arbeite. Ich erachte die Hotellerie als eine ausgezeichnete Lehrmeisterin für die Campingbranche.

 

Vor kurzem bekam ich einen neuen Kollegen: Sehr kompetent, lebenserfahren, war mal Unternehmer und wollte sich den Traum vom eignen Hotel erfüllen. Er hatte in Kaufobjekt gefunden, welches er gerne in Nachfolge übernommen hätte. Sein Konzept war Top und die Finanzierung seitens der Bank durch. Doch auch er hatte gelernt, die Zusammenhänge zu verstehen und zu rechnen. Was geschah? Er stellte fest, dass die monatliche Belastung mit den neuen Zinskonditionen zum aktuellen Stand um fast ein Doppeltes höher waren als zu dem Zeitpunkt, an dem er seine Kalkulation erstellt hat. Fördermittel & Co. waren alle nach der entsprechenden Zeit abgesegnet und die Bank gab „grünes Licht“.

 

Er hatte zuvor die Zusammenhänge und Prinzipien verstanden und sich daraus seine Kalkulations-Vorlagen erstellt, die er ständig aktualisieren konnte. Für ihn war nach dem Bankgespräch und den Informationen über die aktuellen Zinsen in Verbindung mit dem Kaufpreis klar, dass er seinen Traum vorerst begraben oder auf Eis legen muss, wenn er nicht Schulden-Millionär werden will. Somit wurde auch er vom Unternehmer in Spe mit einem Haufen begrabener Träume zum Angestellten im Niedriglohnsektor. Dies natürlich mit der Intention, von den Besten zu lernen und wertvolle Erfahrungen für eventuelle zukünftige Projekte zu sammeln ;  ). 

 

Ich denke, der höhere Sinn hinter Businessplänen ist der, die Zusammenhänge zu verstehen und sich durch die Zahlenmaterie eine Art Frühwarnsystem anzueignen. Ich habe damals im Studium zur Tourismusbetriebswirtin gelernt, dass das Rechnungswesen auch als Controllinginstrument funktioniert und kann es nur bestätigen. Mir selbst hat damals die Erstellung eines Businessplan für ein fiktives Objekt mit der Aufstellung sämtlicher Positionen sehr viel Klarheit gebracht.  

Und sonst so?

Ich hoffe, wenn Du Unternehmer*in bist, dass Du auch Mittel und Wege hast, Dich den Veränderungen im Marktumfeld anzupassen. Wenn Du noch gründen willst, wünsche ich Dir von ganzem Herzen, dass Du die richtige Gelegenheit für Dein Projekt findest und Ideen hast, wie Du Dich an verändernde Marktsituationen anpassen kannst. Wer weiß...vielleicht wird dies bald ein neuer Aspekt bei Unternehmenskonzepten und von den Ratingagenturen mit bewertet... 

 

Auch ich habe mich, meine Wünsch und Pläne der momentanen Situation angepasst. Ich lasse den Gedanken, meinen eigenen Campingplatz zu führen, vorerst ruhen und fokussiere mich auf andere Dinge:

 

 Meine Tage in der Hotellerie sind gezählt und im Herbst werde ich eine neue Stelle im Bereich „Wirtschaftsförderung & Tourismus“ antreten. Ich werde ein Teil derer sein, von denen ich so oft in meinem Buch berichtet habe. Ich freue mich darauf, das alles aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen, mit den Gründer*innen mit zu fühlen und dafür bezahlt zu werden, ihnen mit Rat und Tat zu Seite zu stehen.   

 

Des Weiteren habe ich mein Wissen weiter ausgebaut und mich auf das Thema Marketing im Tourismus spezialisiert. Mein hochaktuelles Fachwissen möchte ich mit Euch in einem neuen Projekt teilen: Einem Onlinekurs. Den Kurs DIY-Tourismusmarketing erarbeite zu Zeit. Dafür probiere ich auch viele praktische Dinge und Techniktools aus und betrete selbst neue Wege. Zum Beispiel habe ich vor Kurzem meinen YouTube-Kanal Tourismusmarketing 2 Go veröffentlicht und übe mich vor der Kamera. Was ich Euch im Kurs präsentiere, soll zum Nachmachen und Mitmachen sein. Und dies ohne großes Budget und große Technikkenntnisse. 

 

Denn: Wissen, wie es geht, spart Zeit und Budget 😉 

 

In diesem Sinne: Liebe Grüße von der Nordsee

Antje

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